Caroline Fux Vaginale Orgasmen!

Caroline Fux Vaginale Orgasmen!

Caroline Fux: Vaginale Orgasmen

«Vaginale Orgasmen sind lernbar – für alle»

Warum können nicht alle Frauen einen vaginalen Orgasmus erleben? Helfen Sextoys beim Kommen? Und was kann man als Partner*in tun? Psychologin und Sexologin Caroline Fux erklärt.

Warum erleben viele Frauen keinen vaginalen Orgasmus?

Weil sie es nie gelernt haben.

Gelernt?

Ja. Denn Sexualität ist generell etwas, das wir lernen. Viele Menschen denken, dass es im Teengeralter irgendwie «Plopp» macht und plötzlich sind wir sexuell, weil Sexualität ja was «Natürliches» ist. Aber so läuft der Hase nicht.

Wie läuft er denn sonst?

Unsere Sexualität bildet sich durch die unendlich vielen Erlebnisse und Erfahrungen, die wir machen. Es ist ein bisschen wie bei der Sprache. Die ist auch «natürlich». Sprich: Die Veranlagung dazu ist in uns drin. Aber wenn wir eine bestimmte Sprache nicht hören und lernen, dann entwickelt sie sich auch nicht.

Was heisst das in Bezug auf den vaginalen Orgasmus?

Wenn Frauen anfangen, Selbstbefriedigung zu machen, bekommt sehr oft die Klitoris die meiste Aufmerksamkeit. Einerseits, weil sie am empfindlichsten ist, andererseits, weil sie so gut erreichbar ist. Die Vagina, also das Körperinnere, geht bei vielen vergessen.

Dann geht es bei der klitoralen Stimulation um Effizienz?

Das ist ein wichtiger Aspekt. Als Frau erzielt man da definitiv schneller Erfolge. Es braucht aber auch einfach ein bisschen mehr Kreativität und Mut, die Vagina zu entdecken. Manche Frauen erleben es sogar regelrecht als Überwindung.

Warum Überwindung? 

Weil es erst mal unbekannt ist. Viele Frauen denken auch: «Das überlasse ich lieber dem Penis». Dann kommt es zum ersten Sex und viele sind enttäuscht, weil das Gefühl ungewohnt, statt erregend ist. Sie denken, sie würden etwas falsch machen oder ihr Genital sei irgendwie kaputt. Aus Scham oder Unwissen schweigen sie.

Wie viele Frauen erleben keinen vaginalen Orgamus?

Das kommt drauf an, wie man einen vaginalen Orgasmus definiert. Allein durch Penetration kommen gemäss Studien nur etwa fünf Prozent der Frauen zum Orgasmus. Das ist übrigens auch nicht unbedingt ein Ziel, mit dem ich gerne arbeite. Die Klitoris ist toll. Warum sollte man sie links liegen lassen? Wenn die Klitoris in irgendeiner Form mitstimuliert wird, sind es immerhin zwei Drittel. Das heisst aber auch: bei einem Drittel klappt auch das nicht.

Was kann frau tun, wenn sie keinen vaginalen Orgasmus haben kann?

Die gute Nachricht zuerst: Vaginale Orgasmen sind lernbar – für alle. Grundsätzlich geht es darum, dass man vaginale Stimulationen entdeckt und mit dem kombiniert, was sich bereits erregend anfühlt. Es gibt mittlerweile tolle Anleitungen, beispielsweise im Buch «Coming Soon» von Dania Schiftan. Gleichzeitig sollte man sich durch die Einfachheit solcher Anleitungen nicht unter Druck setzen lassen.

Welche Rolle können Toys beim Lernen spielen?

Für viele Frauen sind Toys eine immense Hilfe beim entdecken des Orgasmus. Egal ob vaginal oder klitoral. Die meisten Toys bieten eine besondere, intensive Stimulation. Damit können viele Frauen quasi «den Bann brechen». Gleichzeitig ist frau dann eventuell auf genau diese intensive Stimulation angewiesen. Manchen Frauen ist das komplett egal und sie geniessen einfach die Orgasmen, andere fühlen sich abhängig vom Toy und hadern damit.

Wieso unter Druck?

Naja, in der Theorie klingt vieles einfach und logisch. Die Umsetzung ist dann aber nicht immer so geradlinig. Ich habe immer wieder Frauen in der Beratung, die traurig und frustriert sind, weil sie sich viel Mühe geben, strikt die Tipps einhalten und es dann doch nicht klappt. In so einem Fall hilft eine Sexualberatung.

Lohnt es sich denn überhaupt, den vaginalen Orgasmus zu üben, wenn man ihn nicht kennt?

Das ist eine sehr persönliche Entscheidung. Wenn einem nichts fehlt, sollte man sich auch keinen Kopf machen. Auf der anderen Seite ist es ein schönes Projekt, die Vagina aufzuwecken und besser kennenzulernen. Es geht nämlich nicht nur um Orgasmen, sondern um das Spüren des Körpers in seiner Ganzheit.

Und zum Schluss: Was bedeutet das für ein Gegenüber beim Sex, wenn eine Frau vaginal nicht kommen kann?

Da sind die Reaktionen und Bewertungen extrem verschieden. Manche Menschen hadern damit und sie beziehen es stark auf sich selbst, anderen ist es in einem positiven Sinne egal.

Kann man denn irgendwie helfen?

Das Wichtigste ist, dass man die Regie über das Projekt «vaginaler Orgasmus» der betroffenen Person überlässt. Sie soll über sich, ihren Körper und ihre Sexualität bestimmen. Was schadet, ist Druck. Weil Druck schmälert den Genuss und der ist für guten Sex extrem wichtig. Übrigens wichtiger, als ein Orgasmus. Man kann nämlich auch von mässigem Sex kommen. Richtig glücklich macht das aber selten.