Masturbation: Dem Tabu auf der Spur
Masturbation: Dem Tabu auf der Spur
Auch heute, in einer Zeit wo offener über Sex gesprochen wir als je zuvor, ist das Thema des “Liebe-machens” mit sich selbst immer noch etwas, worüber kaum gesprochen wird. Wieso das so ist und weshalb die Masturbation so selbstverständlich sein sollte wie das Zähneputzen, haben wir euch hier zusammengestellt.
Einst taten es alle, dann wurde es verboten
Es ist anzunehmen, dass die Praktik der Masturbation (Fachbegriff Onanie) bereits weit über unsere bekannte Zivilisation zurückgeht und genau so wie der partnerschaftliche Sex, die Menschheit seit Anbeginn begleitet. Selbst im Tierreich ist Selbstbefriedigung gang und gäbe.
Es gibt Indizien dafür, dass die sexuelle Praktik in den antiken Kulturen nicht nur rege gelebt sondern gar offen zelebriert wurde – orientiert man sich an den Aufzeichnungen, Abbildungen und Dildo-Funden von Römern, Ägyptern und Griechen gleichermassen. Spätestens mit dem beginnenden Mittelalter jedoch, fiel die selbstbestimmte sexuelle Befriedigung dann dem geistigen und kulturellen Verfall zum Opfer.
Die christliche Kirche bestimmte nicht nur den Alltag der Menschen im Mittelalter, sondern auch, was in den heimischen Betten geschah. So wurde dem Sex einzig und alleine die Funktion der Fortpflanzung zugeschrieben, die nur akzeptabel war, solange dabei keine Freude empfunden wurde. Jegliche sexuelle Praktik, die diesen Zweck nicht erfüllte und dem reinen Genuss diente – was die Masturbation bekannterweise tut – galt als gotteslästerlich, sündhaft und wurde entsprechend verboten.
Ironischerweise geht unsere heutige Tabuisierung der Masturbation allerdings auf die Zeit der Aufklärung zurück. Die bekanntesten Freidenker dieser Epoche bezeichneten die Selbstbefriedigung gar als “sittliche Verfehlung” und "wollüstige Selbstschändung”.
Wie kommen wir da nur wieder raus?
Einmal eingeführt, hielten sich Horrorgeschichten über die Folgen der Masturbation und Mittel zur Vermeidung derselben, wie der Keuschheitsgürtel (der heute apropos völlig etablierter Teil des Tease & Please-Spiels ist und – ganz gegenteilig zum ursprünglichen Zweck - lustbringend in das Sexspiel eingebaut werden kann), hartnäckig und hallen bis heute nach.
Die meisten von uns wurden noch in der eigenen Jugend mit Warnung wie, “Selbstbefriedigung mach dumm, blind, taub, impotent, schwach, ist krebserregend oder gefährlich” (die Liste ist schier endlos) konfrontiert und aus Angst in der Entdeckung und selbstbestimmten Auslebung ihrer Lust gehemmt.
Zwar sind wir gesellschaftlich seit Beginn des 20 Jh. dank einzelner Pioniere auf dem Weg zurück zu einer Akzeptanz der Masturbation als normalen Teil unserer Sexualität, doch haben wir noch einiges aufzuholen, bis wir von einer vollständigen Enttabuisierung sprechen können. Das zeigt nicht zuletzt die Entlassung der Ärztin und Sanitätsinspekteurin (Surgeon General) der Vereinigten Staaten 1994 durch den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton (zu ihren Ehren wird heute noch der “Masturbation Day” resp. “Masturbation Month” gefeiert).
Ich habe mir heute die Zähne geputzt
Die positiven Effekte der Masturbation auf die mentale und körperliche Gesundheit sind längst belegt. In Zeiten wo Self-care, Wellness, Wellbeing, Stressabbau und Self-Love in aller Munde sind, sollte doch eigentlich die Selbstbefriedigung den Weg zurück in den Alltag und das Leben jedes einzelnen von uns finden können?
Ziel ist nicht, dass jeder und jede am Morgen zur Arbeit kommt und verkündet: Ich bin gekommen.
Der Weg soll vielmehr dahin führen, dass wir alle den Mut haben uns selbst so zu lieben wie wir sind, uns zu berühren und zu geniessen ohne daran zu zweifeln, dass wir uns selbst etwas Gutes tun.
In diesem Sinne:
Es ist okay, dich selbst zu befriedigen und du bist okay, wenn du es tust.
Wir putzen uns regelmässig die Zähne, genauso wie wir regelmässig masturbieren.
Weil wir mit beidem in unsere Gesundheit, in unser Wohlergehen und unser Selbstwertgefühl investieren und weil uns beides ein Candida-Lächeln auf die Lippen zaubert.