Frau mit roten Lochen hält weisse blume mit ausgestreckten händen

Caroline Fux: Was ist die Sexuelle Identität

Caroline Fux: Wie findet man seine sexuelle Identität

Seine sexuelle Identität zu finden ist ein Prozess, sagt Psychologin und Sexologin Caroline Fux. Zur Identität gehören die Fragen, wer man ist und auf was man steht.

Was ist eigentlich die sexuelle Identität?

Zur sexuellen Identität gehören viele verschiedene Dinge. Entsprechend gibt es verschiedene Definitionen. Grob gesagt dreht sich die sexuelle Identität um zwei Fragen.

Nämlich?

Erstens «Wer bin ich?» und zweitens «Auf was stehe ich?». Beide Fragen sind wiederum in ganz verschiedene Themen aufgeteilt. Die Frage «Wer bin ich?» umfasst die sexuelle Identität im engeren Sinn, beispielsweise die Geschlechtsidentität. Verstehe ich mich als Mann? Als Frau? Als etwas anderes? Oder kann ich mit solchen Zuordnungen gar nichts anfangen?

Wie lernt man seine Geschlechtsidentität kennen?

Da gibt es verschiedene Theorien, Phasen und Ereignisse. Bei den meisten Menschen bildet sich im Alter von ungefähr eineinhalb bis zwei Jahren eine erste Idee heraus. Meistens «Ich bin ein Mädchen» oder «Ich bin ein Junge». Das passiert im Zusammenspiel mit dem Umfeld. Meistens richtet sich das am biologischen Körper aus und ist auch an die Zweiteilung Mann-Frau gebunden.

Was ist, wenn jemand das Gefühl hat, «im falschen Körper» zu sein?

Dann sprechen wir von «Transidentität». Früher hat hat man oft «Transsexualität» gesagt. Das ist jedoch irreführend, denn es geht nicht um Sexualität im erotischen Sinne, sondern eben um eine Identitätsfrage.

Gibt es viele Menschen, die in ihrer sexuellen Identität verunsichert sind?

Viel mehr als man meint. Besonders, wenn es nicht nur um Transidentität im ganz engen Sinn geht. Also dieses «sich als Frau fühlen, wenn man in einem biologisch männlichen Körper ist – oder umgekehrt». Das ist statistisch gesehen vermutlich nicht so häufig. Viele Experten sagen, dass das deutlich weniger als ein Prozent der Menschen betrifft. So richtig genaue Zahlen haben wir aber nicht.

Warum sind es dann mehr, als man meint?

Es gibt unglaublich viele Menschen, die sich zwar als «cis» erleben, also von der Identität her passend zum biologischen Körper, die aber fürchten, nicht männlich genug oder nicht weiblich genug zu sein. Oder einfach sonst irgendwie «falsch» oder «unzulänglich». Auch sie müssen dann in gewissen Sinne ihre Identität klären und vielleicht selbst definieren.

Warum gehört auch die Frage «Auf was stehe ich?» zur sexuellen Identität?

Für mich gehört das ins Gesamtbild einer breiter verstandenen sexuellen Identität. Vielleicht kann man vom sexuellen Selbstverständnis sprechen. Denn was jemand auslebt oder ausleben möchte, prägt in der Regel das ganze Bild mit.

Was gehört zu diesem Bereich?

Einerseits die sexuelle Orientierung. Die umfasst, welches Geschlecht eine Person anzieht. Ein weiteres Thema sind Dinge wie Fantasien oder Vorlieben. Viele Menschen erleben sich in ihrer sexuellen Orientierung zum Beispiel klar als hetero, sie haben aber homosexuelle Fantasien und Erlebnisse.

Ist das nicht einfach so etwas wie Bisexualität oder vielleicht sogar ein Selbstbetrug? 

Eben nicht. Was ganz genau passt, müsste man natürlich sorgfältig mit der betreffenden Person klären. Vieles ist schlussendlich eine Frage der Definition. Es zeigt halt einfach, wie vielseitig Sexualität ist. Aber Lust auf Männer oder sogar mit Männer gelebten Sex, macht einen Mann noch lange nicht schwul.